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Denkmalvereins-Infobrief 3/2020

Im Kulturdenkmal Hotel Waldlust ist unter kräftiger Mitarbeit des Denkmalvereins Freudenstadt während der Sommer-und Herbstmonate 2020 eine Kleinmuseums-Stätte entstanden.  Seinen Ausgang nahm das Projekt der Denkmalfreunde Waldlust durch die Restaurierung dreier Räume im historischen Vittali-Bautrakt für den Künstler-Nachlass des Malers Herbert P. Freudenreich. 

Die 1903 vom damaligen Architekten in reizvoller Jugendstilweise eingerichteten Hotelzimmer waren durch bautechnisch wie auch ästhetisch nicht fachgerechte Modernisierungen ihrer besonderen Schauwerte beraubt. Dank des Rückbaus von Bodenbelägen und Teppichen, Kunststoffleisten und Verblendungen sowie der Wiederherstellung der früheren originalen Türdurchlässe und einer zeitgerechten Wandfarbigkeit wird der alte Raumcharakter nun wieder erfahrbar.  Und ein passendes, stilvolles Ambiente für die Werke aus dem Atelier des Malers Freudenreich ist geschaffen.

Aber nicht nur das: Weitere Räume sind ebenfalls, auch hier durch ein behutsames Bauerforschungs- und Rückbau-Programm, zu Schauräumen mutiert. Dort kann die 120-jährige Hotelgeschichte anhand von neu präsentierten Fotografien und Schaustücken studiert und betrachtet werden (siehe nebenstehende Fotos) .  Die neue Bau- und Geschichtsausstellung Waldlust wurde zusammen mit den neuen „Kunstkammern“ erst vor wenigen Tagen der Presse unter strengen Hygieneschutzvorkehrungen vorgestellt. Die Denkmalfreunde Waldlust hoffen, dass eine Eröffnung sowie öffentliche Besuchertage bald nach Ende des Pandemie-Ausnahmezustandes möglich werden.  Geplant sind u.a. Denkmalführungen zur Belle Epoque-Baustilistik und zur Einrichtungs- und Ausstattungskultur der Gründerjahre.

Die historische Wäschemangel ist zum Hotel Waldlust zurückgekehrt – die Presse hat darüber ja schon berichtet.  Nachdem die Aufstell-Gestattung am bisherigen Ort, in der Stadthaus-Treppenhalle, ausgelaufen war, musste eine neue Bleibe für das eiserne Ungetüm aus der einstigen Waldlust-Wäscherei gefunden werden.  Als gut dafür geeignet erwies sich der alte Steingarten am Hotelvorhof unterhalb der Gartenterrasse. Dort besteht eine enge Blickbeziehung zum Denkmal-Hotel. Die Rückführung ins ehemalige Ökonomiegebäude Waldlust schied aufgrund des maroden Bauzustands  ebenso aus wie etwa eine Präsentation des technischen Geräts im Hotel-Souterrain. Die Gebäude-Zugänge besitzen alle nicht die entsprechenden Größenmaße. Die Plättmaschine, die gegen Witterungseinflüsse vorerst provisorisch mit Planen abgedeckt ist, benötigt dringend noch eine Bedachung mittels einer einfachen Holzkonstruktion.

Eine weitere Ortsveränderung, sprich Verlagerung, nimmt konkrete Gestalt an. Für die historische Rußhütte, die ja dem Tunnelneubau Freudenstadt weichen muss, ist nun ein vielversprechender Zielort gefunden.  Das Christophstal war ja als Landschaftskulisse für das frühindustrielle Baurelikt schon länger im Gespräch. Die neuen Gartenschau-Detailplanungen für 2025 sehen die abzutragende und historisch getreu wieder zu errichtende Rußhütte nun auf dem alten Werkplatz Unterer Pfannenhammer vor. Und damit gleich benachbart zum Platzmeisterhaus, an dessen Rettung und Bausicherung der Denkmalverein ja auch maßgeblichen Anteil hatte. So kommt vielleicht zusammen, was zusammen gehört – haben doch beide Bauten in unserer Vereins-Chronik einen bedeutenden Stellenwert.

Dass die Rußhütte künftig die Stätte der früheren Kohlenscheuer auf dem alten Pfannenhammergelände einnehmen darf (siehe die obige historische Abbildung, die Kohlenscheuer in der Mitte), war auch ein erklärtes Wu nschziel des Denkmalvereins.  Außer dem vornehmen alten Werkleiter-Wohnhaus (Platzmeister-Haus), dem Back- und Waschhaus daneben, dem Hangkeller oberhalb davon und dem früheren Laboranten-(Arbeiter-Wohn-)Haus gegenüber, das leider modernisiert „entstellt“ ist, existiert keines der ehemaligen Wirtschaftsgebäude mehr. Mit der Rußhütte, die in Form und Proportion die alte Kohlenscheuer nachempfinden lässt, wächst das Areal nun zu einem kleinen historischen Industriepark heran. Denn die Gartenschaubesucher sollen darin nicht nur die Werkgebäude erleben, sondern werden schon im Vorfeld auf der Route des alten Wasserkanals zur ehemaligen Radstube geführt und weiter auf einer schmalen Schautrasse entlang des Kunstkanals bis zum Back- und Waschhausplatz mit Teichanlage. 

Wir erinnern hier gern an die Denkmalvereins-Erklärung  zum Gartenschaukonzept und die darin propagierten immensen Chancen für die Wiederentdeckung und Wiedernutzbarmachung einzigartiger Denkmal-Orte im Christophstal.

Hier also öffnen sich gerade die „Türen“ für eine Zeitreise in das traditionelle Bauen und in die Wirtschaftsgeschichte dieser Region, an anderer Stelle werden die Kapitel dagegen zugeklappt. Wieder hat der Abriss ein Stück Alt-Freudenstadt dem Erdboden gleichgemacht. An der Ecke Hartranft-/Herzog-Friedrich-Straße wurde die alte Ferienpension Marie-Luise kürzlich unter nicht wenig Anteilnahme der Bevölkerung und der Anlieger geschleift.  Ein malerischer, gegliederter Bau war’s mit charakteristischen und proportioniert-wohlgefällig gesetzten Veranden auf der stadtzugewandten Giebelseite. An eine Sanierung des verschindelten Fachwerkbaus wurde nicht gedacht bzw. war von vornherein wohl aus Rendite-Gründen ausgeschlossen. Weiter verwunderlich ist das nicht, wenn die Zielmaßgabe des Bauträgers wirtschaftlicher Profit durch ein Platz-greifendes Mehrfamilien-Wohngebäude heißt.

Eine Lösung aus dem Dilemma zwischen privatrechtlichem Eigennutz und allgemeinwohlorientierter Stadtbildpflege könnte eine Bautenbörse bilden. Die Stadt nimmt darin als öffentlich-rechtliche Körperschaft eine aktive Steuer- und Verteilfunktion wahr. Indem sie besondere, für die Stadtbaugeschichte  charakteristische Gebäude ankauft, sichert und vorhält und dann an ausgewählte Interessenten mit Erhaltungsabsichten und dem nötigen Rüstzeug für das behutsame Sanieren von Altbauten weiterveräußert.  Oder einen Gestaltungs-Wettbewerb ausschreibt – mit der klaren Zielsetzung, dass stadtbildprägende Bauten und Ensembles zu erhalten und in sinnvolle Nutzungen zu bringen sind. Dann würden nicht immer nur Bauträger und Immobilienhaie „den Schnitt machen“ und aus misslichen Leerständen Kapital schlagen. 

Was wird aus dem alten Rappen-Pavillon, der ja nun in einer völlig verwandelten, neuen Umgebung auf sein bald 110-jähriges Jubiläum in 2021 zusteuert. Der vom berühmten Architekten Prof. Albert Bauder entworfene Garten-Pavillon am früheren Hotel Rappen, dessen letztes sichtbares Relikt er mittlerweile bildet, entwickelt hoffentlich weiterhin zähes Eigenleben. Und Behauptungswillen am Rande des überaus dicht bebauten und nicht ganz unumstrittenen „Rappenpark“-Quartiers. 

Vor fast genau 4 Jahren hat der Verein für Kulturdenkmale sein „Kleinod“, den mit viel Engagement und Hege-Geist ein starkes Dutzend Jahre gepflegten Rappen-Jugendstilkiosk, an das in die Rappen-Neubebauung involvierte Architekturbüro förmlich übergeben. Wohlgemerkt: Der Denkmalverein war dort nie Eigentümer, weder von Grundstücks-Anteilen noch von Baulichkeiten. Der denkmalgeschützte Kioskbau wurde, weil vergessen, vernachlässigt und verwahrlost, einst einfach in denkmalpflegerische „Schutzhaft“ genommen. Mit nachgeholter Einwilligung natürlich der Alteigentümerseite.

Das Kleingebäude wird zwischenzeitlich, seit 2016, in neuer Funktion -  aber auch durchaus ganz traditionsgemäß – als Verkaufsstelle, als  Käuferberatungszentrum und Info-Punkt von Seiten der Immobilienvermittlungs-Agentur genutzt.

In unserem Übergabe-Protokoll an den Neu-Eigentümer des Pavillons wiesen wir vorausschauend auf dessen „bauliche Bereicherung“ des neu zu schaffenden Quartiers hin. Und wir bekundeten gleichzeitig Interesse, auch in Zukunft „einen Beitrag für eine erfolgreiche Neunutzung des Pavillons zu leisten“.  Könne doch der Rappenkiosk in Anlehnung an seine frühere Nutzung „auf kleinstem Raum verschiedenste gastronomische, stadtgeschichtliche und kulturelle Angebote bereithalten“. 

So wie etwa in Stuttgart kleine Pavillons an verschiedenen Orten im Zentrum kreative Verwendung erfahren und Passanten mit Snacks, Kaffeespezialitäten oder Geschenk- und Souvenir-Angeboten versorgen. In Verbindung mit einer kleinen Außenbewirtschaftung wird so ein Treffpunkt geschaffen, der den öffentlichen Raum belebt. O-Ton unserer Rede damals: „Beim Rappen-Pavillon denken wir zusätzlich auch an einen Stützpunkt für Stadtführungen mit Info-Tafeln über die Geschichte des ‚Rappen‘.“

Es wird viel davon abhängen, in welcher Weise - und hoffentlich behutsam-stilgerecht - der kleine Pavillon restauriert wird. Denn noch wartet das schmucke Bauwerk ungeduldig auf die fachhandwerkliche Erneuerung und Ertüchtigung . Und auch welche konkreten Nutzungsabsichten künftig an dieser markanten Stelle in der Straßburger Straße von privater Seite verfolgt werden.

Siegfried Schmidt/30.12.2020

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Waldlust